Selten ist es in Landtagswahlen so wenig um Landespolitik gegangen wie in Thüringen und Sachsen. Zentrale Wahlkampfthemen waren Migration und das Verhältnis zu Russland. AfD und BSW haben ihre Konkurrenten damit vor sich hergetrieben und am Ende massiv profitiert. Dabei haben sie landespolitisch wenig zu bieten – Sahra Wagenknechts aus dem Stand in zweistellige Prozentbereiche gelangte Partei, die bewusst kaum Mitglieder in der Fläche hat, noch weniger als die AfD.
In Sachsen muss Ministerpräsident Michael Kretschmer froh sein, dass die Grünen, die er immer wieder angegriffen hatte, doch wieder im Landtag sitzen – das könnte es ihm nach ersten Hochrechnungen ermöglichen, eine Landesregierung zu bilden, ohne sich auf das BSW einlassen zu müssen.
Am frühen Abend musste er (wegen des unklaren Abschneidens der Linken) aber noch zittern, und auch so hat schon das sächsische Ergebnis wie das in Thüringen alles Potenzial, die Bundesrepublik zu erschüttern: Jeweils fast ein Drittel der Wähler hat für die als gesichert rechtsextremistisch bekannte AfD gestimmt. Das sollte man nicht als Protestwahl verharmlosen. Das ist eine massenhafte Absage an unseren demokratischen Staat. Hinzu kommt der Zulauf zu Wagenknechts Leuten, die – hätten sie im Bund das Sagen – die Grundlagen unserer äußeren Sicherheit zerstören und Deutschland wie die AfD der Hegemonie Wladimir Putins preisgeben würden.
Wenn dann in Thüringen CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt auch noch mit der Abwahl von Rot-Rot-Grün prahlt, macht der Mann sich lächerlich. Kann es ein Grund zur Freude sein, wenn demokratische Mitbewerber wie SPD und Grüne ein Debakel erleiden, während Rechtsextremisten und putineske Nationalpopulisten aufsteigen?
Voigt, der nie mit dem linken Pragmatiker Bodo Ramelow koalieren wollte, steht nun vor der Frage, ob er sich lieber auf die radikale Linken-Abspaltung BSW einlässt. Will er den vom BSW geforderten Kotau vor den abenteuerlichen außen- und sicherheitspolitischen Forderungen dieser Partei machen? Und dies angesichts der leise bedrohlichen BSW-Sprachregelung, man arbeite zwar nicht mit AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke zusammen, lehne aber angebliche ideologische Brandmauern gegenüber seiner Partei ab? Der vermeintliche CDU-Erfolg in Thüringen könnte Folgen haben, die die Glaubwürdigkeit der ganzen Partei untergraben.
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