Berlin (ots)
TÜV Cybersecurity Studie: 15 Prozent der Unternehmen berichteten von IT-Sicherheitsvorfällen – ein Anstieg um 4 Prozentpunkte im Vergleich zu 2023. Phishing bleibt die vorherrschende Methode der Angriffe. Neun von zehn Unternehmen beurteilen ihre Cybersicherheit als positiv. TÜV-Verband fordert eine zügige nationale Umsetzung der NIS2-Richtlinie. Rund die Hälfte der Unternehmen ist mit der Regulierung nicht vertraut.
Die Cybersicherheitslage für Unternehmen in Deutschland wird ernster: In den letzten 12 Monaten haben 15 Prozent der befragten Firmen angegeben, Opfer eines IT-Sicherheitsvorfalls geworden zu sein. Diese Vorfälle beinhalten erfolgreiche Cyberangriffe, auf die die Unternehmen reagierten. Diese Ergebnisse stammen aus einer repräsentativen Ipsos-Umfrage, die im Auftrag des TÜV-Verbands unter 506 Unternehmen mit mindestens 10 Mitarbeitenden durchgeführt wurde. Im Vergleich zur Studie vor zwei Jahren zeigt sich ein Anstieg um 4 Prozentpunkte bei den erfolgreich angegriffenen Unternehmen. Dr. Michael Fübi, Präsident des TÜV-Verbands, äußerte sich anlässlich der Präsentation der „TÜV Cybersecurity Studie 2025“ in Berlin: „Die deutsche Wirtschaft sieht sich einer Vielzahl von Angriffen aus den Reihen staatlicher sowie krimineller Hacker ausgesetzt, welche sensible Daten stehlen, Geld erpressen oder kritische Infrastrukturen sabotieren wollen.“ Fübi fügte hinzu, dass die Angreifer zunehmend auf moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz zurückgreifen.
Trotz der Bedrohungen scheinen viele Unternehmen die Risiken zu unterschätzen. Neun von zehn Firmen (91 Prozent) bewerten ihre eigene Cybersicherheit als gut oder sehr gut, während 27 Prozent der Unternehmen IT-Sicherheit als unwichtig oder nachrangig erachten. Fübi mahnt: „Die Firmen sollten die Cybersicherheit ernst nehmen und entsprechende Ressourcen bereitstellen.“ Eine Mehrheit spricht sich für gesetzliche Vorgaben aus: 56 Prozent sind der Meinung, dass alle Firmen angemessene Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Cybersicherheit ergreifen sollten. Fübi forderte eine zügige Umsetzung der überfälligen nationalen NIS2-Richtlinie, die Mindestanforderungen für die Cybersicherheit in etwa 30.000 sicherheitskritischen Unternehmen einführt. Kritischerweise gab die Umfrage jedoch auch an, dass nur die Hälfte der Unternehmen von der NIS2-Richtlinie Kenntnis hat.
Phishing ist die häufigste Angriffsart
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Phishing die am meisten genutzte Angriffsart ist: 84 Prozent der betroffenen Firmen berichteten von Phishing-Vorfällen, was einem Anstieg um 12 Prozentpunkte gegenüber vor zwei Jahren entspricht. Dies wird auch durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz begünstigt. Fübi erklärt: „Mit den verfügbaren KI-Technologien können Phishing-E-Mails personalisiert und täuschend in ihrer Formulierung erscheinen.“ Die zweithäufigste Angriffsart sind andere Malware-Angriffe, die 26 Prozent der Unternehmen betrafen. Diese Malware hat oft das Ziel, sensible Informationen abzugreifen. Ransomware-Angriffe (12 Prozent) sowie Passwort-Angriffe (12 Prozent) zeigen einen rückläufigen Trend. Fübi bemerkte, dass Ransomware-Angriffe weiterhin eine ernsthafte Bedrohung darstellen, jedoch haben sich viele Unternehmen besser auf diese Attacken vorbereitet, insbesondere im Hinblick auf Datensicherung.
Künstliche Intelligenz spielt eine bedeutende Rolle sowohl bei Cyberangriffen als auch bei deren Abwehr. 51 Prozent der IT-Sicherheitsverantwortlichen haben festgestellt, dass Cyberangriffe unter Einsatz von KI durchgeführt wurden, und in großen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden liegt dieser Wert sogar bei 81 Prozent. 82 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass KI Angreifern ermöglicht, gezielt Schwachstellen in Unternehmens-IT-Systemen auszunutzen. 89 Prozent sind der Meinung, dass KI dazu beiträgt, die Angriffe effizienter und präziser zu gestalten. Im Gegensatz dazu nutzen bislang nur 10 Prozent der Unternehmen KI zur Abwehr von Cyberangriffen, wobei weitere 10 Prozent den Einsatz in Planung haben, vor allem zur Erkennung von Bedrohungen (70 Prozent), zur Identifizierung von Anomalien (59 Prozent), zur Analyse von Schwachstellen (58 Prozent) oder zur automatisierten Reaktion auf Angriffe (51 Prozent).
Wie sich Unternehmen schützen
In den letzten 24 Monaten haben Unternehmen zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um sich besser vor Cyberangriffen zu wappnen. Dazu gehören Investitionen in sichere Hardware (65 Prozent), die Einführung neuer Cybersecurity-Software (48 Prozent), Beratung durch externe Fachleute (59 Prozent) und Schulungen der Mitarbeitenden (53 Prozent). Fübi betont die Wichtigkeit von Notfallübungen zur Vorbereitung auf Ernstfälle und von Penetrationstests, um technische Schwachstellen im Unternehmen zu identifizieren. 22 Prozent der befragten Firmen führten Notfallübungen oder Penetrationstests durch, während 27 Prozent ihr IT-Sicherheitsbudget erhöht haben – ein Rückgang im Vergleich zu 52 Prozent vor zwei Jahren. Fübi warnt: „Die Ausgaben für Cybersicherheit müssen mit den wachsenden Anforderungen Schritt halten.“
Normen und Standards stellen ein lebenswichtiges Werkzeug dar, da sie Unternehmen anleiten, was technisch und organisatorisch erforderlich ist, um ihre Cybersicherheit zu verbessern. Für 70 Prozent der Befragten sind Normen und Standards wichtig oder sehr wichtig, um den Schutz vor Cyberangriffen kontinuierlich zu optimieren. 22 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie bestimmte Normen und Standards vollständig erfüllen, während 53 Prozent sich zumindest orientieren und diese nur teilweise umsetzen. Fübi unterstreicht: „Normen und Standards helfen Unternehmen, ihre Cybersicherheit zu erhöhen und fest in der Organisation zu verankern.“
Notwendige Maßnahmen durch Politik und Wirtschaft
Der TÜV-Verband sieht aufgrund technischer und geopolitischer Entwicklungen die Dringlichkeit, das Sicherheitsniveau in der Wirtschaft auch durch gesetzliche Vorgaben zu erhöhen. Diese Auffassung teilen viele der befragten Sicherheitsexperten: 55 Prozent sind der Meinung, dass strengere gesetzliche Vorgaben für die Cybersecurity das Internet sicherer machen können. Die europäische NIS2-Richtlinie legt Mindeststandards für Unternehmen in 18 sicherheitskritischen Branchen wie Energie, Gesundheitswesen, Transport und digitalen Dienstleistungen fest. Deutschland wartet jedoch aufgrund des Regierungswechsels noch auf die nationale Umsetzung. Fübi fordert: „Die neue Bundesregierung muss schnell handeln und das Umsetzungsgesetz zügig verabschieden.“ Es ist fatal, dass nur die Hälfte der Unternehmen mit der NIS2-Richtlinie vertraut ist, hier besteht ein großer Bedarf an Aufklärungsarbeit. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den bevorstehenden gesetzlichen Anforderungen auseinandersetzen. Auch der Cyber Resilience Act (CRA) muss wie geplant bis Ende 2027 umgesetzt werden. Diese EU-Verordnung schafft IT-Sicherheitsanforderungen für Hardware- und Softwareprodukte mit digitalen Komponenten.
Der vollständige Bericht der „TÜV Cybersecurity Studie 2025“ sowie eine Präsentation der wichtigsten Ergebnisse sind abrufbar unter: www.tuev-verband.de/studien/tuev-cybersecurity-studie-2025
Methodik-Hinweis: Die Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos, durchgeführt im Auftrag des TÜV-Verbands unter 506 Unternehmen mit mindestens 10 Mitarbeitenden in Deutschland. Befragt wurden Fachleute für IT-Sicherheit, einschließlich leitender Cybersecurity-Experten, IT-Leiter und Mitglieder der Geschäftsführung.
Über den TÜV-Verband: Der TÜV-Verband e.V. setzt sich für die politischen Interessen der TÜV-Prüforganisationen ein und fördert den fachlichen Austausch zwischen den Mitgliedern. Unser Ziel ist die Gewährleistung technischer und digitaler Sicherheit sowie die Nachhaltigkeit von Fahrzeugen, Produkten, Anlagen und Dienstleistungen. Dies erfolgt durch die Einhaltung allgemeingültiger Standards, unabhängige Prüfungen und qualifizierte Weiterbildung. Wir streben danach, das hohe Niveau technischer Sicherheit zu bewahren und Vertrauen in die digitale Welt zu schaffen, was regelmäßige Austausch mit Politik, Behörden, Medien, Unternehmen und Verbraucher:innen umfasst.
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