Bitcoin (BTC) hat am 22. Mai ein neues Intraday-Allzeithoch erreicht. Mit einem Spitzenwert von fast 112.000 US-Dollar in den ersten Handelsstunden an der Wall Street hat der Krypto-Markt einen weiteren Meilenstein gesetzt. Für den ehemaligen Hedgefonds-Manager und Real-Vision-Mitgründer Raoul Pal ist dieser Anstieg jedoch erst der Anfang. In einem zweistündigen Livestream mit dem Titel „Drinks With Raoul“ erklärte Pal: Die „Banana Zone“ hat begonnen – und mit ihr ein neuer Zyklus angetrieben durch makroökonomische Liquidität.
Was ist die „Banana Zone“?
Pal definiert die „Banana Zone“ als eine Marktphase, in der massive Liquiditätsspritzen Investoren dazu zwingen, immer weiter in riskantere Anlageklassen zu rotieren. In dieser Phase würden klassische Sicherheitsanlagen wie Staatsanleihen oder Bargeld zunehmend an Attraktivität verlieren – während Bitcoin, Ethereum und andere knappe digitale Vermögenswerte überproportional profitieren.
„Ja, Bitcoin hat ein neues Allzeithoch erreicht. Aber das ist erst der Anfang. Jetzt sind die Altcoins dran. Wer noch nicht genug Bitcoin hat, sollte jetzt nachlegen“, so Pal.
Im Zentrum von Pals Argument steht ein makroökonomisches Paradoxon: Die Renditen von US-Staatsanleihen steigen, obwohl die Inflation rückläufig ist. Konkret liegt die Zehnjahresrendite aktuell bei über 4,4 %, was laut Pal nicht auf Inflationssorgen, sondern auf ein tieferliegendes Problem hindeutet – eine strukturelle Illiquidität im Anleihemarkt.
„Normalerweise wären steigende Renditen ein Zeichen für Überhitzung. Doch diesmal fehlt es einfach an Käufern. Wenn das so bleibt, bleibt der Regierung gar nichts anderes übrig, als wieder Geld zu drucken“, erklärt Pal.
Er rechnet damit, dass die US-Notenbank (Fed) bald entweder:
- die Supplementary Leverage Ratio (SLR) lockert, um Banken mehr Staatsanleihen aufnehmen zu lassen, oder
- eine Form der Zinskurvenkontrolle einführt – möglicherweise unter einem neuen Etikett, um politische Gegenwehr zu vermeiden.
In beiden Fällen, so Pal, würde neues Zentralbankgeld in den Markt gepumpt, was knappe Assets wie Bitcoin oder Gold „turboaufladen“ könnte.
Der Dollar schwächelt – und Bitcoin profitiert
Ein zentrales Thema des Livestreams war der US-Dollar. Pal präsentierte eine historische Chartanalyse, die zeigt: Immer wenn der Dollar nach einer langen Aufwertung stark fällt, legt Bitcoin im Folgejahr überproportional zu – mit durchschnittlichen Steigerungen von 119 %, 175 % oder sogar 592 %.
„Ein schwacher Dollar ist gut für die Weltwirtschaft – und extrem gut für Bitcoin. Das ist der Denominator-Effekt“, so Pal. Gemeint ist: Da Bitcoin in US-Dollar gemessen wird, führt eine Dollarschwäche automatisch zu höheren BTC-Kursen – selbst ohne realen Nachfrageanstieg.
Ängste vor einem neuen Handelskrieg zwischen den USA und China wischte er beiseite: „Das ist bloß Theater. Beide Seiten werden sich einigen. Am Ende geht es den USA darum, ihre Schulden zu verkaufen – nicht darum, den Handel zu zerstören.“
Was bedeutet das für Ethereum und Altcoins?
Neben Bitcoin richtete Pal seinen Blick auf Ethereum und sogenannte „High-Beta Layer-1s“ wie Solana und Sui. Besonders interessant sei die Entwicklung des ISM-Einkaufsmanagerindex. Dieser liegt aktuell unter 50 – einem Niveau, das wirtschaftliche Kontraktion signalisiert.
Pal betont jedoch, dass sein Finanzkonditionsindex eine massive Lockerung zeigt, der dem ISM typischerweise neun Monate vorausläuft. Sobald der ISM wieder über 50 steigt, rechnet Pal mit dem Beginn der „Altcoin-Saison“.
„Die ETH-BTC-Ratio bildet eine solide Basis. Die Dominanz von Bitcoin hat ihren Höhepunkt erreicht. Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, explodieren die Altcoins.“
Solana, SUI, Dogecoin – und ein Ziel von 140.000 US-Dollar
Raoul Pal hob die Charts von Solana und Sui hervor, die klassische Cup-and-Handle-Muster formen – ein bullisches Signal in der Chartanalyse. Auch Dogecoin erwähnte er augenzwinkernd:
„Das Lustigste wäre, wenn Dogecoin seit seiner Einführung sogar Bitcoin outperformt. Die Charttechnik sagt, es ist möglich.“
Sein mittelfristiges Kursziel für Bitcoin liegt bei über 140.000 US-Dollar bis Juli – basierend auf seinem globalen M2-Liquiditätsmodell. Gleichzeitig warnte er vor einer möglichen Seitwärtsphase im Juli und August, wenn der Dollar kurzfristig einen „Reflexanstieg“ zeigt. Dies könne eine Korrekturphase einleiten, aber keine grundsätzliche Trendwende bedeuten.
„Wer Profite sichern will, sollte dort vielleicht ein paar Lifestyle-Chips vom Tisch nehmen. Aber der übergeordnete Zyklus läuft weiter.“
Pals Gesamtthese lässt sich auf drei Makro-Kräfte zurückführen:
- Politisch getriebene Liquidität, ausgelöst durch Reaktionen auf Probleme im Anleihemarkt,
- Ein strukturell schwächer werdender Dollar, der knappen Assets Auftrieb gibt,
- Ein weltweiter Kapitalstrom in Vermögenswerte mit begrenztem Angebot, zu denen Bitcoin klar gehört.
Ob man die Bezeichnung „Banana Zone“ mag oder nicht – der Markt scheint Pals Analyse zu bestätigen. Seit dem Tief im Jahr 2022 ist Bitcoin mehr als 350 % gestiegen. Der aktuelle Kurs von 111.800 US-Dollar ist Ausdruck eines makroökonomischen Umfelds, in dem Vertrauen in Fiat-Währungen abnimmt und digitale Alternativen neue Strahlkraft gewinnen.
„Ich erzähle dieselbe Geschichte seit dem Tiefpunkt 2022 – und bislang hatte ich recht“, schloss Pal seinen Livestream.
„Man kann meine Weinempfehlungen ignorieren. Aber bitte ignoriert nicht die Liquiditäts-Charts.“