Düsseldorf (ots)
Stellungnahme von Adrian Willig, Direktor des VDI, zum Monitoring Bericht des EWI
Adrian Willig, der Direktor des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), hat auf die heutigen Präsentation des Monitoring Berichts des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität zu Köln (EWI) durch Bundeswirtschaftsministerin Reiche reagiert:
„Die Bundesregierung hat die richtigen Entscheidungen getroffen: Die Energiewende bedarf einer Aktualisierung. Mehr Pragmatismus und Realismus sind der richtige Weg.“
Die nächsten Monate und Jahre werden entscheidend dafür sein, ob Deutschland den Wandel wirtschaftlich tragbar und praktikabel durchführen kann, sodass er von der breiten Bevölkerung akzeptiert wird. Die Stromkosten spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie das Fundament der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bilden. Neben der Förderung erneuerbarer Energien muss die Bezahlbarkeit im Mittelpunkt stehen, um die Position Deutschlands als attraktiven Standort für Industrien zu sichern.
Monitoringbericht und Herausforderungen
Der Monitoringbericht verdeutlicht, dass es nicht an Energie mangelt, sondern vielmehr an effizienter Nutzung und Integration. Führend sind bürokratische Hürden, fehlende Standards sowie die mangelhafte Synchronisation zwischen Erzeugung und Netzinfrastruktur. Besonders wichtig ist diese Synchronisation: Nur durch ein abgestimmtes Zusammenspiel von Netzausbau, Speichersystemen und Energieerzeugung können Engpässe und Akzeptanzprobleme vermieden werden.
Der stockende Netzausbau stellt das größte Hindernis dar. Hier benötigen wir schnellere Fortschritte und modernisierte Strukturen: digitale Netze, intelligente Messsysteme und Einspeiser mit grid-forming-Fähigkeiten sind für die Systemstabilität unerlässlich. Einheitliche Standards bei den Netzanschlüssen könnten den Netzausbau weiter beschleunigen. Intelligente Messsysteme und Batteriespeicher sind kein Zukunftsprojekt, sondern längst überfällige Infrastrukturgrundlagen.
Rolle der Speicher
Speichertechnologien sind künftig entscheidende Gamechanger in der Energiepolitik. Sie müssen nicht nur ausgebaut, sondern auch differenziert eingesetzt werden – für verschiedene Zeiträume wie Sekunden, Stunden und Wochen. Hierfür sind neben großen Wasserstoffspeichern, z.B. in Salz-Kavernen, auch Batteriespeicher für die Kurzzeitspeicherung notwendig. Nur so können wir Dunkelflauten überbrücken und Solarspitzen effizient nutzen.
Wasserstoffwirtschaft und Versorgungssicherheit
Für einen effektiven Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft sind pragmatische Rahmenbedingungen erforderlich. Der Vorschlag zur Reduzierung regulatorischer Vorgaben für grünen Wasserstoff wird begrüßt. Es ist wichtig, das systemische Zusammenspiel zwischen Elektrolyseuren, erneuerbaren Energien und der Netzauslastung zu beachten. Der VDI hat hierzu bereits im Frühjahr überzeugende Vorschläge für den Wasserstoffhochlauf erarbeitet.
Auch die Versorgungssicherheit muss überdacht werden: Reservekapazitäten sind unverzichtbar. Zukünftige Kraftwerke sollten möglichst wasserstofffähig sein. Jedoch darf ‚H2-ready‘ nicht nur ein Schlagwort bleiben. Ohne klare technische Standards und praktikable Umrüstpfade bleibt dieser Anspruch wirkungslos. Wichtig ist die Systemfunktion:.flexible Kraftwerke, Speicher und flexible Nachfrage müssen ineinandergreifen, damit das gesamte System stabil bleibt.
Fazit
Fakt ist: Ohne Tempo, Entschlossenheit und ingenieurtechnische Zuverlässigkeit wird die Energiewende zwar gelingen – jedoch langsamer, teurer und mit erhöhten Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit.