Berlin (ots)
- Wirtschaftsministerin Katherina Reiche’s „Realitätscheck“ könnte der Entwicklung von Photovoltaikanlagen auf Dächern entgegenwirken.
- Dach-Photovoltaik bleibt eine Schlüsselkomponente für den kommunalen Klimaschutz.
- Ein Bündnis fordert staatliche Unterstützung zur Förderung der urbanen Energiewende für Privatpersonen, Kommunen und Bürgerenergie durch Smart-Meter-Rollouts, Energie-Sharing und Mieterstrom.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Stadt Bonn, die Gemeinde Bakum, das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) und der Bundesverband Steckersolar (BVSS) verlangen von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche ein überzeugtes Bekenntnis zur bürgerorientierten Energiewende. In naher Zukunft wird die Ministerin einen Entwurf ihres „Realitätschecks“ präsentieren, der jedoch die Entwicklung von Dach-Photovoltaikanlagen in Deutschland gefährden könnte.
Jüngste Entwicklungen deuten auf eine negative Wendung hin: Die anhaltende Debatte über Netzentgelte für Solarstrom-Einspeisungen und der von der Ministerin kürzlich angestrebte Stopp von Förderungen für neue private Solaranlagen könnten dazu führen, dass viele Dächer in deutschen Städten ungenutzt bleiben. Ein weiterer Ausbau von kleinen und großen Photovoltaikanlagen in städtischen Bereichen ist jedoch entscheidend, um die Klimaziele von Paris zu erreichen. In den Städten sind die Stromnetze in der Regel gut aufnahmefähig, und es ist möglich, Solarstrom direkt vor Ort zu verbrauchen. Zudem fördert die Installation privater PV-Anlagen auf Dächern die Akzeptanz der Energiewende unter der Bevölkerung, ohne dass dabei neue Flächen versiegelt werden müssen.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, äußert sich dazu: „Die Wirtschaftsministerin verfolgt einen schwerwiegenden Fehler, wenn sie durch unrealistische Erwartungen an den zukünftigen Strombedarf und ungünstige Rahmenbedingungen die Attraktivität von Solaranlagen verringert. Katherina Reiche unterstellt den Eigentümern zudem, rücksichtslos zu handeln. Wie sollen die Menschen sich netzdienlich verhalten, wenn ihnen die nötigen technischen Gegebenheiten wie Smart Meter und Energie-Sharing vorenthalten werden? Wir fordern sie auf, sich ein Vorbild an den baltischen und skandinavischen Ländern zu nehmen, wo bereits bis zu 90 Prozent Smart-Meter-Abdeckung erreicht wurden, während Deutschland mit lediglich 2 Prozent hinterherhinkt. Es ist an der Zeit, unnötige Hürden abzubauen und den Rollout von Smart Metern zu beschleunigen, wovon die Bürgerinnen und Bürger direkt profitieren würden. Sollten die Maßnahmen zur Förderung fossiler Energieträger weiterhin dominieren, profitieren vor allem große Konzerne wie RWE und E.ON – und das auf Kosten der Bürger. Frau Reiche darf nicht zum Handlanger fossiler Interessen werden. Sie sollte dem klaren Willen der Bevölkerung vertrauen, die fast einhellig den geförderten, bürgernahe Ausbau von Dach-PV unterstützt.“
Katja Dörner, Oberbürgermeisterin von Bonn, ergänzt: „PV-Dachanlagen, sei es auf Eigenheimen, Gewerbe- oder kommunalen Gebäuden, bleiben neben der kommunalen Wärmeplanung ein zentraler Ansatzpunkt für den Klimaschutz in unseren Städten. Sie fördern die regionale Wertschöpfung, bieten den Bürgern vor Ort direkte Vorteile, entlasten kommunale Finanzen und tragen zur zukunftsorientierten Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland bei. Um auch in Metropolen alle verfügbaren Dachflächen für die Energiewende zu nutzen, ist ein verbindlicher Rechtsrahmen für Energie-Sharing erforderlich, der den einfachen Verkauf überschüssigen Stroms fördert. Die derzeitigen politischen Debatten über die Zukunft der Dach-Photovoltaik gefährden jedoch die notwendige Planungssicherheit, die Bürger und Kommunen für langfristige Investitionen im Klimaschutz benötigen.“
Tobias Averbeck, Bürgermeister von Bakum, stellt fest: „In Bakum wird die Energiewende bereits erfolgreich praktiziert. Politik, Verwaltung und Bürger arbeiten eng zusammen. Energy Sharing könnte der nächste Schritt sein, um gemeinsam Energie zu erzeugen und dabei wirtschaftliche Vorteile zu nutzen. Es gilt, den Gesetzentwurf der Bundesregierung im Parlament zu überarbeiten, damit alle Bürger einfach Energie teilen und gemeinsam nutzen können. Nur so kann Energy Sharing die EEG-Förderung ersetzen, und der Vorschlag der Bundesregierung würde Sinn machen. Ohne Verbesserungen wird die Energiewende jedoch deutlich ins Stocken geraten, was wir unbedingt verhindern müssen.“
Katharina Habersbrunner, Geschäftsführerin des BBEn, betont: „Günstiger Solarstrom von eigenen Dächern ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung und ein strategischer Vorteil für unser Land. Die laufenden Diskussionen über Kürzungen und zusätzliche Netzentgelte verunsichern Bürger, Kommunen und Investoren, treiben die Finanzierungskosten in die Höhe und gefährden dringend notwendige PV-Projekte. Bürgerenergieprojekte bringen Kapital, Wissen und Akzeptanz. Statt Hürden aufzubauen, brauchen wir jetzt mehr Dach-PV, klare und verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen sowie Flexibilisierung durch innovative Modelle wie Energie-Sharing. Jede Verzögerung und Unsicherheit in der Planung kosten uns wertvolle Zeit, Geld und Fortschritt im Klimaschutz. Wir müssen jetzt handeln, oder wir zahlen später den doppelten Preis.“
Christian Ofenheusle, Vorstand des BVSS, fügt hinzu: „Wir beobachten die Angriffe vonseiten E.ON, RWE und VKU auf eine bürgernahe Energiewende mit wachsender Besorgnis. Die ersten Signale aus dem Ministerium deuten auf ernsthafte Probleme hin. Anstatt die dezentrale Erzeugung, Speicherung und Nutzung von Solarenergie weiter zu behindern, sollte endlich das volle Potenzial erkannt und genutzt werden. Mit Steckersolargeräten, PV-Aufdachanlagen sowie Heimspeichern, Elektromobilität und Wärmepumpen lässt sich die dringend benötigte Sektorenkopplung hervorragend vorantreiben. Die wiederholt von Frau Reiche angesprochene Notwendigkeit eines stabilen Stromnetzes kann auch bei 100 % erneuerbarer Energie durch einfache Anreizsysteme gewährleistet werden. Die Bürger sind bereit dafür, nun ist die Politik gefordert.“
Link:
Hier finden Sie ein 10-Punkte-Papier für PV-Aufdachanlagen: https://l.duh.de/p250826
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Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin DUH
0170 7686923, metz@duh.de
Katja Dörner, Oberbürgermeisterin Bonn
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Tobias Averbeck, Bürgermeister Bakum
04446 8990, t.averbeck@bakum.de
Katharina Habersbrunner, Geschäftsführende Vorständin BBEn
030 30 881789, katharina.habersbrunner@b…energie.de
Christian Ofenheusle, Vorstand BVSS
030 2845 2849, christian.ofenheusle@b…ersolar.de
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