München: Diskussion zur paradoxen Arbeitsmarktsituation
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. hat auf ihrem Kongress „Vorsprung Bayern“ über die paradoxen Herausforderungen am Arbeitsmarkt diskutiert. „Die konjunkturellen und strukturellen Krisen haben dazu geführt, dass die Wertschöpfung in der bayerischen Industrie im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent gesunken ist, was zu erheblichen Stellenabbauten geführt hat. Zwischen Januar und Mai sind saisonbedingt etwa 17.000 neue Arbeitslose hinzugekommen. In vielen Sektoren haben Unternehmen trotz der Rezession, Rückgänge in der Produktion und ansteigender Arbeitslosigkeit weiterhin mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen“, berichtete vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Er verwies auf den MINT-Frühjahrsbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft, der zeigt, dass in Deutschland derzeit etwa 164.000 Fachkräfte in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen fehlen. Diese Lücke ist größer als vor einem Jahrzehnt, als die Wirtschaft in Deutschland florierte“, so Brossardt.
Um das Spannungsfeld zwischen struktureller Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel zu entwirren, fordert die vbw umfassende Maßnahmen zur Standortsicherung. „Unsere strukturellen Herausforderungen sind größtenteils hausgemacht. Der Koalitionsvertrag bietet eine Reihe von Initiativen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts und soll positive Wachstumsimpulse setzen, die auch den Arbeitsmarkt begünstigen werden. Die degressive Sonderabschreibung für Investitionen in Ausrüstungen ist beispielsweise dringend erforderlich, ebenso wie Maßnahmen zur Senkung der Strompreise, zur Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Staates„, erklärte Brossardt.
Die vbw zeigt sich zudem unzufrieden mit den gegenwärtigen Reformplänen für die Sozialversicherungssysteme. „Wir hoffen, dass die Kommission zur Sozialstaatsreform, die im Koalitionsvertrag angekündigt ist, zügig eingesetzt wird und Fortschritte erzielt. Die Sozialversicherungsbeiträge dürfen nicht unkontrolliert steigen. Dies ist ein elementarer Bestandteil des versprochenen Politikwechsels“, betonte Brossardt.
Darüber hinaus fordert die vbw ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Arbeitskräftesicherung. Dazu zählt die Fortführung der Bildungsoffensive in Bayern, um Beschäftigungschancen durch Qualifizierungsmaßnahmen und berufliche Weiterbildungen zu erhöhen und die Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, zu steigern. Brossardt merkte an: „Es ist wichtig, die Partizipation älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt weiter zu stärken und zusätzlich auf qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu setzen. Es ist an der Zeit, das ungenutzte Arbeitszeitpotenzial zu aktivieren. Teilzeitkräfte sollten motiviert werden, ihre Arbeitszeit auf Vollzeit zu erhöhen. Zudem muss die Politik die Jahresarbeitszeit in den Fokus rücken. Im internationalen Vergleich haben wir die kürzesten Jahresarbeitszeiten, was die Arbeitskosten in die Höhe treibt.“
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