In einem zweistündigen Ask-Me-Anything (AMA) am 24. Mai spannte Cardano-Gründer Charles Hoskinson einen weiten Bogen – von virtuellen Krypto-Städten mit KI-Agenten bis zur Idee einer ADA-bezahlten Exekutive. Doch hinter den Anekdoten und Gedankenspielen stand eine zentrale Botschaft: Cardano muss sich weiterentwickeln – technisch wie politisch –, um in einer Welt der Zero-Knowledge-Proofs, KI-gestützten Finanzsysteme und zunehmend multiledger-fähigen Blockchain-Infrastrukturen bestehen zu können.
Simulierte Krypto-Stadt als Testumgebung für Datenschutz und Skalierung
Gleich zu Beginn skizzierte Hoskinson ein visionäres Szenario: Eine vollständig simulierte virtuelle Stadt, in der KI-Agenten als Bürger agieren, Finanzinteraktionen durchführen und auch kriminelle Handlungen nachbilden. Ziel sei es, eine realitätsnahe Umgebung zu schaffen, um Technologien wie Cardanos kommende Datenschutz-Sidechain „Midnight“ sowie skalierende Rechenmodelle mit rekursiven Zero-Knowledge-Beweisen zu testen.
„Man hört auf, in TPS (Transaktionen pro Sekunde) zu denken – und beginnt, über simultan funktionierende Städte nachzudenken.“
Konkret bestätigte Hoskinson, dass Midnight’s vertrauensminimierte Brücke zur Cardano-Mainchain planmäßig verläuft. Er bezeichnete Midnight als zukünftiges „Privacy Hub“, auf dem rechtlich konforme, private Stablecoins entstehen könnten – bevor sie in Cardanos Hauptnetz migrieren.
„In dem Moment, in dem eine Partei diesen Vorteil hat, sterben alle anderen. Datenschutz wird zur Überlebensfrage.“
Ouroboros Paris: Finale Transaktionsbestätigung in Minuten statt Stunden
Ein weiteres zentrales Thema war die Verbesserung von Transaktionsfinalität. Aktuell spiegelt Cardano wie Bitcoin ein probabilistisches Modell wider. Hoskinson fordert jedoch ein zusätzliches Gadget im BFT-Stil: „Ouroboros Paris“, entwickelt vom Team um Agelos Kiayias, solle eine Endgültigkeit in wenigen Minuten ermöglichen – entscheidend für Partnerchains und institutionelle Nutzer.
„Ich bin bereit, die Entwicklung persönlich zu bezahlen. Doch jedes Mal, wenn Paris in die Roadmap kommt, wird es wieder gestrichen.“
Er verwies auf Blockaden innerhalb von Intersect, dem inzwischen für die Codeentwicklung zuständigen, von der Community gesteuerten Governance-Gremium.
Braucht Cardano eine Exekutive? Idee eines ADA-bezahlten Präsidenten
Das Fehlen einer klaren Exekutivstruktur innerhalb Cardanos sei mittlerweile ein strukturelles Problem. Zwar gebe es ein legislatives (Abstimmungen) und ein judikatives (Verfassungsrat) Element, doch niemand könne Entscheidungen umsetzen oder durchsetzen.
„Irgendwann braucht man eine Exekutive – vielleicht ein Präsidentenamt, das durch Community-Wahl bestimmt und für KPIs wie Nutzerzahlen oder Total Value Locked in ADA vergütet wird.“
Hoskinson warnte davor, dass zentrale Projekte wie Ouroboros Kronos – eine Lösung gegen Zeit-Synchronisations-Angriffe – sonst auf unbestimmte Zeit blockiert bleiben könnten.
Private Staking und das „Crypsinous“-Modell: Eleganz vs. Performance
Ein Zuschauer fragte nach dem „Crypsinous“-Paper, einem Konzept für anonymes Staking mit Ouroboros. Hoskinson lobte dessen Eleganz, mahnte aber zur Vorsicht: Vollständige Anonymität koste Performance und erschwere Konsensmechanismen wie Multi-Resource-Staking.
„Wenn man es wiederbelebt, dann nur mit neuen ZK-Primitiven und im Kontext einer Multi-Ledger-Welt.“
In einem ambitionierten Ausblick umriss Hoskinson Cardanos Pläne für Bitcoin-gestützte DeFi-Anwendungen:
- BitVM-X & Hydra-basierte Brücken zur Bündelung von BTC-Transaktionen
- Wallet-Schicht (Lace) zur Abstraktion technischer Komplexität
- Cardano-DeFi-Protokolle, angepasst für BTC als Collateral
Er wies Kritik von Bitcoin-Maximalisten zurück:
„Gold ist wertvoll – egal, ob es in der Mine liegt oder als Schmuck getragen wird.“